Die Gliedertaxe – Oder: Was ist ein Körper wert?
Zahlreiche Berufstätige schließen für den Ernstfall eine private Unfallversicherung ab. Bleiben aufgrund eines Unfalls dauerhafte Schäden zurück, leistet die Unfallversicherung. Hierbei spielt die sogenannte Gliedertaxe eine wichtige Rolle. Mit ihr wird der Grad der Invalidität bestimmt, der maßgeblich den Umfang der Versicherungsleistungen beeinflusst. Die Gliedertaxe bestimmt also
sozusagen den „Wert“ eines Körperteils beziehungsweise einer Körperfunktion.
Was bedeutet Invalidität in der Unfallversicherung?
Die Unfallversicherung leistet bei Invalidität aufgrund eines Unfalls. Doch was genau bedeutet das? Mit dem Begriff Invalidität wird die dauerhafte Einschränkung der körperlichen und/oder auch
geistigen Leistungsfähigkeit beschrieben. Für den Versicherungsfall bildet sie die Grundlage. In diesem Zusammenhang bedeutet dauerhaft, dass die Invalidität voraussichtlich mehr als drei Jahre anhalten wird und auch eine Verbesserung des gesundheitlichen Zustands nicht zu erwarten ist. Somit gilt beispielsweise ein gebrochenes Bein nicht als dauerhafte Beeinträchtigung.
Die Gliedertaxe in der Unfallversicherung – Was ist das?
Sofern nach einem Unfall dauerhafte körperliche Beeinträchtigungen zurückbleiben, hat dies häufig schwerwiegende finanzielle Folgen für den Betroffenen. Genau diese werden mit der Unfallversicherung abgedeckt. Natürlich macht es einen großen Unterschied, ob es sich lediglich um die Funktion eines Fingers oder aber des gesamten Arms handelt. Diese Unterschiede werden mithilfe der Gliedertaxe verdeutlicht. Anhand dieser werden die Invaliditätsgrade unterschiedlich bewertet, was die Leistungshöhe der Versicherung beeinflusst.
Bei der Gliedertaxe handelt es sich um einen festen Bestandteil der Unfallversicherung, sie findet sich in den Unterlagen. Die Richtwerte für einzelne Invaliditätsgrade werden vom Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) festgelegt, die Versicherer können sie jedoch selbst definieren.
Empfehlungen des GDV zur Gliedertaxe
- Ganzer Arm: 70 Prozent
- Arm bis unterhalb des Ellenbogens: 60 Prozent
- Arm bis oberhalb des Ellenbogens: 65 Prozent
- Hand: 50 Prozent
- Daumen: 20 Prozent
- Zeigefinger: 10 Prozent
- Andere Finger: 5 Prozent
- Bein bis zur Mitte des Oberschenkels: 60 Prozent
- Bein über der Mitte des Oberschenkels: 70 Prozent
- Bein bis unterhalb des Knies: 50 Prozent
- Bein bis zur Mitte des Unterschenkels: 45 Prozent
- Fuß: 40 Prozent
- Große Zehe: 5 Prozent
- Andere Zehe: 2 Prozent
- Auge: 50 Prozent
- Gehör (einseitig): 30 Prozent
- Geruchssinn: 10 Prozent
- Geschmackssinn: 5 Prozent
Eine Invalidität liegt auch dann vor, wenn lediglich die Funktion des Körperteils verloren geht, das Körperteil selbst aber noch vorhanden ist. Das ist zum Beispiel bei einer Lähmung der Fall.
Tipp: Da sich die Gliedertaxen der einzelnen Anbieter voneinander unterscheiden können, sollten Verbraucher diese bei der Wahl des Versicherers berücksichtigten.
So erfolgt in der Unfallversicherung die Berechnung der Invalidität?
Wenn nach einem Unfall körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen zurückbleiben, hängt die Höhe der Invaliditätsleistung von den folgenden Faktoren ab:
- Versicherungssumme
- Invaliditätsgrad
- Progression
Die Versicherungssumme
Die Versicherungssumme sollte ausreichend hoch angesetzt werden, denn in der Regel wird sie nicht komplett ausgezahlt. Im Idealfall wird sie auf das Fünf- bis Sechsfache des Bruttojahreseinkommens angesetzt, mindestens sollte sie 200.000 Euro betragen.
Die Progression
Die Vereinbarung einer Progression ist zwar nicht zwingend, aber durchaus sinnvoll. Sie erhöht die Leistungen der Unfallversicherung um einen bestimmten Prozentsatz und bietet einen zusätzlichen Schutz. Allerdings beeinflusst dieser besondere Sicherheitsfaktor auch den Beitrag. Im besten Fall wird eine Progression von 350 Prozent vereinbart.
Darauf gilt es bei der Berechnung der Gliedertaxe zu achten
Die Prozentwerte in der Gliedertaxe gelten grundsätzlich nur, wenn ein Körperteil oder Sinn überhaupt nicht mehr nutzbar ist. Sofern die Funktion nur eingeschränkt ist, erfolgt eine anteilige Zahlung der Leistung. Liegt die Sehkraft auf einem Auge nach einem Unfall nur noch bei 50 Prozent, dann wird entsprechend auch nur die Hälfte der Leistung gezahlt. Um den genauen Invaliditätsgrad zu ermitteln, wird die Invalidität von der Versicherung mithilfe eines Gutachtens bewertet. Diese Bewertung nimmt ein Arzt vor. Sofern eine Krankheit oder ein anderes Gebrechen für den Unfall mitverantwortlich ist oder auch eine Vorinvalidität gegeben ist, erfolgt eine anteilige Kürzung der Versicherungsleistungen.
Ein Körperteil fehlt in der Gliedertaxe – Was ist dann?
In der Gliedertaxe ist nicht jedes Körperteil aufgeführt. Dennoch können Verletzungen für Betroffene natürlich schwerwiegende Folgen haben. Sofern nach einem Unfall beispielsweise schwere Schäden an Kopf, Wirbelsäule oder einem inneren Organ zurückbleiben, erfolgt die Bewertung anhand eines ärztlichen Gutachtens, welches unabhängig von der Gliedertaxe erstellt wird.
Was gibt es bei der privaten Unfallversicherung noch zu beachten?
Sofern die Invalidität dauerhaft ist, wird die Leistung von der Unfallversicherung auch schon bei einem geringen Grad gezahlt. Je geringer allerdings der Grad der Invalidität, umso geringer auch die Leistung.
Weiterhin gilt zu beachten, dass ein Gesundheitsschaden nur dann anerkannt wird, wenn er innerhalb von 15 Monaten nach einem Unfallgeschehen auftritt und auch gemeldet wird. Diese Frist wird von einigen Anbietern auf 18 Monate verlängert, Verbraucher sollten hier genau hinschauen. Außerdem sollten Verbraucher beachten, dass Versicherungsverträge bestimmte Klauseln beinhalten, welche die Zahlung der Versicherungsleistung unter bestimmten Umständen ausschließen. So deckt die Unfallversicherung keine Unfälle durch Bewusstseinsbeeinträchtigungen (z. B. aufgrund von Alkohol, Drogen) ab. Auch Ohnmachtsanfälle sowie Schlaganfälle sind nicht versichert.